Page 26 - FAQ Kraftsymposium 2019
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Welchen  Stellenwert  die Bereiche  des speziellen  Krafttrainings  im gesamten  Trainingsprozess  besitzen,  ist
           wiederum abhängig von den konkreten  Anforderungen  in einer Sportart/Disziplin  II, III, IV . Weiterhin ist eine
           klare  Abgrenzung  der einzelnen  Bereiche  im speziellen  Krafttraining  nicht trennscharf  möglich.  Dies  ist im
           Anwendungsfall auch nicht erforderlich. Viel entscheidender ist, dass das Prinzip der „Umwandlung“ von einer
           grundlegenden zu einer spezifischen Kraftfähigkeit im Training genutzt wird. Je fortgeschrittener ein Athlet ist,
           desto bedeutender wird dieses Prinzip.


           b) Abgrenzung zwischen Kraft- und Schnelligkeitstraining: Ein trainingswissenschaftlicher Ansatz ist, erst
           von Kraft zu sprechen, wenn bei einer muskulären Leistung Krafteinsätze ≥ 30 % der maximalen Kraft genutzt
           werden . Gemäß dieser Schwelle muss ein Krafttraining Bewegungen mit Krafteinsätzen ≥ 30 % der maximalen
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           Kraft beinhalten. Alle explosiv muskulären Leistungen unter dieser Schwelle wären demnach der Schnelligkeit
           bzw. dem Schnelligkeitstraining zuzuordnen. Aus leistungssportlicher Perspektive ist diese allgemeine Trennung
           relativ abstrakt und unspezifisch, da in jeder Sportart Krafttraining und Schnelligkeitstraining unterschiedlich
           verstanden  werden.  Eine  sportart-/disziplinbezogene  Trennung  zwischen  Kraft-  und Schnelligkeitstraining
           ist  deshalb  zielführender.  In  diesem  Ansatz  entspricht  die  jeweilige  Wettkampfbedingung  –  gemessen  mit
           physikalischen Parametern – dem Ausgangspunkt der Einteilung: Ein Training ist als Krafttraining anzusehen,
           wenn Lasten/Widerstände (geringere Geschwindigkeiten) genutzt werden, die über den Lasten/Widerständen aus
           dem Wettkampf liegen. Werden dagegen im Training geringere Lasten/Widerstände (höhere Geschwindigkeiten)
           als unter Wettkampfbedingungen genutzt, ist dieses Training als Schnelligkeitstraining zu verstehen. Mit dieser
           simplen Einteilung kann aus Sicht der Sportart- bzw. Disziplinspezifik sehr leicht differenziert werden, was als
           Kraft- oder Schnelligkeitstraining zu definieren ist.


           c) Einordnung des Kraft- und Schnelligkeitstrainings – ein Praxisbeispiel: Der Gewichtheber muss die
           Hantel für eine maximale Hebung in der Wettkampfübung auf eine vertikale Hantelgeschwindigkeit von ca. 2,0
           m/s beschleunigen. Gemäß dem vorgestellten Ansatz ist im Gewichtheben ein Training, bei dem der Sportler
           die Hantel auf eine höhere Geschwindigkeit (> 2,0 m/s) beschleunigt, als Schnelligkeitstraining zu definieren.
           In  diesen  Bereich  fallen  alle  explosiv  ausgeführten  Übungen  mit  leichteren  Hantellasten,  entweder  in  der
           Wettkampfübung selbst oder in Teilwettkampf- bzw. Spezialübungen (bspw. das Standreißen). Wird dagegen
           mit maximalen Hantelgeschwindigkeiten trainiert, die < 2,0 m/s sind (aufgrund höherer Lasten als im
           Wettkampf), dann ist dies für den Gewichtheber ein (spezielles) Krafttraining. In Abhängigkeit der Last
           sowie der gewählten Übung kann ab dieser Schwelle sportartbezogen weiter in ein spezifisches,
           semispezifisches oder grundlegendes Krafttraining aufgeteilt werden. Mit der Trainingsübung
           Zug  breit  trainiert  der  Gewichtheber  isoliert  die  Beschleunigungsphase  mit  höheren
           Lasten  (aber  geringeren  maximalen  Hantelgeschwindigkeiten)  als  im  Wettkampf.
           Diese  Methodik  ist  für  den  Gewichtheber  ein  semispezifisches  Krafttraining.  Im
           Sonderfall des Gewichthebens existiert ein spezifisches Krafttraining nicht, da
           in der originalen Wettkampfübung keine höheren Lasten bewältigt werden
           können.
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