Page 12 - FAQ Kraftsymposium 2019
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Fasern . Für die Normal-bevölkerung liegt der Anteil an ST-Fasern bei etwa 50-60 %, der von FT-Fasern entspre-
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           chend bei 40-50 %, wobei individuell große Varianzen bestehen .
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                                                     Unabhängig von diesen „Bauplanunterschieden“ auf zellulärer
                                                     Ebene gibt es auch einen strukturellen Unterschied auf Muskel-
                        Biomechanik der
                        Muskel ederung       A 1     bündelebene, der erheblich über Kraft- und/oder Schnelligkeits-
                    A                                fähigkeit eines Muskels entscheidet: die sog. Fiederung. Verlau-
                                                     fen die Muskelfasern nicht parallel zum äußeren Muskelverlauf
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                                                     als Muskelspindel, sondern bilden einen sog. Fiederungswinkel
                                                     mit ihm, unterscheidet sich der für die Muskelkraftentwicklung
              l 1         l 2
                                                     tatsächlich wirksame sog. physiologische Muskelquerschnitt von
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                                                     dem anatomischen Muskelquerschnitt  Abb. 4 . Dies bewirkt, dass
                                l 1
                                                     bei gleichem äußeren (d. h. anatomischen) Muskelquerschnitt
                     ∆ l             ∆ l
                                                     deutlich mehr Muskelfasern kontrahieren  und gemeinschaft-
                                                     lich „an einem Strang ziehen“ können als im Fall des spindel-
                Abb. 4: Spindelförmige und gefiederte Muskeln   förmigen Muskels. Die Natur hat hier also einen eleganten Weg
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                                    (verändert nach  ) .
                                                     gefunden, auf begrenztem „Bauraum“ bzw. unter Gewichtsopti-
                                                     mierung mehr Muskelfasern unterzubringen: Bei gleicher äuße-
           rer Größe bzw. Muskelmasse kann ein gefiederter Muskel deutlich mehr Kraft entwickeln! Der Nachteil dieses
           muskelphysiologischen „Bautricks“ besteht jedoch in der Konsequenz der Goldenen Regel der Mechanik: Die
           höhere Kraftentwicklung wird durch einen geringeren Muskelkontraktionsweg „erkauft“, weswegen gefiederte
           Muskeln vor allem für kraftvolle, aber kleine Bewegungen geeignet sind. Im menschlichen Körper sind sie da-
           her üblicherweise auch an genau den hierfür prädestinierten anatomischen Orten ausgeprägt. Spindelförmige
           Muskeln hingegen sind dort zu finden, wo üblicherweise ausladende, schnelle Bewegungen realisiert werden
           müssen. Wie der Muskelquerschnitt ist auch der Fiederungswinkel durch Training an die sportartspezifischen
           Erfordernisse in gewissen Grenzen anpassbar .
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               HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN



           A.  Berücksichtige, dass jeder Athlet sein persönliches muskuloskelettales Profil besitzt. Sowohl Hebellängen
               als auch das Muskelfaserspektrum sowie die Hypertrophieneigung bilden Bestandteile des sport-
               artspezifischen biomechanisch-physiologischen Talents.


           B.  Vergegenwärtige dir die Anforderungen an die Arbeits- und Haltemuskulatur in deiner Sportart.
               Gestalte die Trainingspläne entsprechend.
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