Page 11 - FAQ Kraftsymposium 2019
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hältnis von bis zu etwa 90 %. Die letzten Prozentpunkte der Synchronisation sind unter normalen Bedingungen
           willentlich nicht erreichbar, sondern fallen unter die sog. autonomen Reserven. Diese sind nur unter psycho-
           physiologischen Extremzuständen, wie z. B. Todesangst, Drogen bzw. Doping, auszuschöpfen .
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           Unabhängig von der Art und Weise der neuromuskulären Ansteuerung gibt es auch hinsichtlich der Muskel-
           zellspezialisierung  Unterschiede zwischen verschiedenen Muskelfasern  von Skelettmuskeln.  Grundsätzlich
           unterscheidet  man nach moderner Nomenklatur  drei histologische  Grundtypen von Skelettmuskelzellen:
           Den langsam kontrahierenden Typ I („langsam zuckend“, engl. „slow twitch“, ST-Fasern) sowie die schnell kon-
           trahierenden  Typen  IIa  und  IIx  („schnell  zuckend“,  engl.  fast  twitch,
           FT-Fasern).  Während  die  ST-Fasern  (Typ  I)  nur  vergleichsweise  gerin-  Kraft
           ge Kräfte erzeugen, können sie ein konstantes Kraftniveau über eine
                                                                                    Typ II
           lange  Zeit  aufrechterhalten.  Die  FR-Fasern  (Typ  IIx)  hingegen  können
           vergleichsweise große Kräfte erzeugen, jedoch ermüden sie schnell 1 , 2 .
           Diese unterschiedlichen Eigenschaften resultieren aus einem histolo-
           gisch unterschiedlichen Aufbau (Konzentration                                          Typ I
           von Myoglobin, Anzahl an Mitochondrien etc.),                                                  Zeit
           der sich auch in differierenden primären Ener- Kraft  leichte Belastung  mittlere Belastung  hohe Belastung
           giebereitstellungsmechanismen  (oxidativ oder                                               Typ IIx
           glykolytisch)  ausdrückt.  Abhängig  von  der zu
           erzeugenden Kraft rekrutiert unser Körper im                                             Typ IIa
           Allgemeinen zuerst die Typ-I-Fasern eines Mus-                                        Typ I
           kels, erst dann die Typ-IIa- und nur bei großer
           Kraftanstrengung auch die Typ-IIx-Fasern  Abb. 2 .
           Diese  gestaffelte  „Zuschaltung“  wird  auch  als
           „Henneman’sches  Rekrutierungsprinzip“  be-                                        Anzahl motorische EInheiten
           zeichnet .                                      Abb. 2: Rekrutierungsfolge nach Belastungsintensität (verändert nach  ) .
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           Abhängig  davon,  welche  Kraftform  (z. B.  explosiv
           oder ausdauernd) für  eine Sportart primär erfor-
           derlich  ist,  findet  man  in  den  erfolgreichen  Athle-
              ten  verschiedener  Disziplinen  ein  unterschied-
                  liches  Muskelfaserspektrum.   So   haben
                     die weltbesten  100-m-Sprinter  beispiels-
                        weise einen sehr hohen Anteil an FT-Fa-
                            sern im Körper, der über 70 % liegen
                               kann  2 , Abb. 3 .  Spitzenmarathon-
                                  läufer verfügen hingegen nur
                                     über einen geringen An-
                                         teil an FT-Fasern und
                                            besitzen stattdes-
                                               sen  zu über
                                                  80  %  ST-
                                                                Abb. 3: Muskelfaserspektrum in verschiedenen Laufdisziplinen
                                                                                                (verändert nach  ).
                                                                                                             2
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