Page 43 - FAQ Kraftsymposium 2019
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ANTWORT
Mit der von A. Hill im Jahr 1938 mathematisch beschriebenen
Abhängigkeit der Kraft von der Kontraktionsgeschwindigkeit
für einen isolierten Muskel steht der Trainingswissenschaft
ein Erklärungsmodell für muskelgetriebene sportliche
Bewegungen zur Verfügung, das in der Lage ist, Muskel-
bzw. Sportlereigenschaften zu bestimmen und somit
Begriffskonstrukte wie Schnell-, Maximal- oder Explosivkraft
objektiv zu untermauern. Die Beziehung oder Kennlinie,
die den Kraftabfall bei ansteigender Geschwindigkeit
beschreibt und auch als Kraft-Geschwindigkeit-Profil
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einer Bewegung bzw. Testübung bezeichnet werden kann, Abb. 1: Beispiel für eine praxisnahe Konstruktion
einer linearen Kraft-Geschwindigkeit-Beziehung
beschreibt das Vermögen eines Sportlers, eine bestimmte für eine Muskelgruppe (hier Beinstrecker) aus
Masse in Abhängigkeit ihrer (Eingangs-) Geschwindigkeit mehreren Messpunkten. Wesentliche Parameter,
wie Maximalkraft (1 RM; F ), maximale Leistung
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Häufig gestellte Fragen Weiterhin kann aus dieser Kraft-Geschwindigkeit-Beziehung die (maximale) muskuläre Leistung abgeleitet
und Geschwindigkeit sind damit ableitbar.
.
weiter zu beschleunigen
Abb. 1
im Leistungssport
werden (gestrichelte Linie
). Mit Diagnosesystemen wie dem IsoMed 2000 (Fa. D. & R. Ferstl GmbH) können
Abb. 1
also für unterschiedliche Testübungen individuelle Kraft-Geschwindigkeit-Profile erstellt und der Trainingserfolg
anhand der Entwicklung z. B. der muskulären Leistung, maximalen Kraft oder Geschwindigkeit (Schnittpunkte
der Geraden mit der Ordinate bzw. Abszisse) überprüft werden . Dabei werden mit standardisierten Test-
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übungen meist einzelne Teilantriebe bzw. Muskelgruppen bei variierenden Bewegungsgeschwindigkeiten
ins „Visier“ genommen (z. B. Kniestrecker, -beuger, Beinstreckerkette, Rumpfstrecker u. a.). Insbesondere
in Sportarten mit hohen Schnellkraftanfor-
derungen (hohe Endgeschwindigkeit, hoher
Kraftstoß in kurzer Zeit) kann die Maximierung
der muskulären Leistung bzw. die Rechts-
verschiebung des Kraft-Geschwindigkeit-Profils
eine wichtige Leistungsreserve darstellen.
Mithilfe der Kennliniendiagnostik kann der Trainer
Schwächen erkennen und die Wirksamkeit
verschiedener Trainingsabschnitte (z. B. maxi-
malkraftorientierter oder schnelligkeits-
orientierter Akzent) überprüfen Abb. 2 , 4 .
Abb. 2: Beispiel für kraft- und geschwindigkeitsorientierte
Profile und die zugehörigen Leistung-Geschwindigkeit-Profile.
Gekoppelt an die maximale
Leistungsabgabe ist eine optimale Arbeitsgeschwindigkeit der Muskulatur, die ebenfalls aus
der Kennlinie abgeleitet werden kann (siehe v Abb 1 ). Daher ist die Kennliniendiagnostik
opt
auch in den Ausdauersportarten mit zyklischen Krafteinsätzen von Bedeutung –
z. B. bei der Suche nach optimalen, sprich energiesparenden Schritt-, Schlag-
oder Tretfrequenzen.