Page 5 - FAQ Kraftsymposium 2019
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ANTWORT
Für leistungssportliche Aktivitäten ist eines der wichtigsten Merkmale des Skelettmuskels, Kräfte bei sport-
artspezifischen Bewegungsgeschwindigkeiten zu generieren. Das spiegelt sich im Begriff „power“ (Produkt aus
Kraft und Geschwindigkeit bzw. Geschwindigkeitsänderung) wider. Dies entspricht dem deutschen (vorwiegend
physikalisch bzw. biomechanisch) gebräuchlichen Begriff der mechanischen Leistung. Die dazugehörige
konditionelle Fähigkeit bezeichnen wir als muskuläre Leistung (muscular performance). Sie ist Ergebnis einer
jeden Kraftwirkung, die sich in einer Bewegung äußert und kann daher einen schnelligkeitsorientierten,
kraftorientierten oder ausdauerorientierten Charakter haben. Somit finden
sich die traditionellen Kraftfähigkeiten (Maximalkraft, Kraftausdauer,
Schnellkraft) im Konstrukt der muskulären Leistung wider, genau wie Ausdauer fähigkeit
weniger gebräuchliche Fähigkeiten (z. B. Schnellkraftausdauer). Mit der
muskulären Leistung ist die Grundidee verbunden, eine sportliche
Bewegung auf einem Spektrum zwischen Kraft, Schnelligkeit und
Ausdauer einzuordnen, ohne dass aus unserer Sicht die klare
Abgrenzung von „Mischfähigkeiten“ (z. B. Kraftausdauer)
Häufig gestellte Fragen sportartspezifische Anforderungen im Hinblick auf die Abb. 1: Zuordnung von Sportarten auf dem Fähigkeitskontinuum
möglich ist oder notwendig wäre. Vielmehr bestehen
im Leistungssport
konditionellen Fähigkeiten (Kraft, Schnelligkeit und
Ausdauer), die im Zuge einer Anforderungsanalyse
I
diagnostiziert werden und Ausgangspunkt für die
Kraftfähigkeit
Schnelligkeitsfähigkeit
jeweilige Trainingsmethodik darstellen sollten.
(mod. nach ; Piktogramme: ©DOSB/Sportdeutschland).
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Die muskuläre Leistung ist ein Konstrukt und Teil jeder sportlichen Bewegung. Sie kann über die extern
abgegebene mechanische Leistung operationalisiert werden und ist das Ergebnis des Zusammenspiels aller
beteiligten Organ- und Funktionssysteme. Physikalisch ist sie das Produkt aus Kraft [N] und Geschwindigkeit
[m/s] in Abhängigkeit von der Anzahl der Bewegungszyklen [n] bzw. der Bewegungsdauer [s].
Muskuläre Leistung – operationalisiert am Beispiel der Kraft-Geschwindigkeit-Beziehung
Seit der Arbeit von Hill im Jahre 1938 ist bekannt, dass sich die
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Verkürzungsgeschwindigkeit eines Muskels verringert, wenn
er gegen eine steigende Zusatzlast kontrahiert. Dieses
Phänomen ist als Kraft-Geschwindigkeit-Beziehung
(FvR) bekannt. Demnach können hohe Kräfte nur
mit geringen Bewegungsgeschwindigkeiten und
hohe Bewegungsgeschwindigkeiten nur mit
geringen Kraftwirkungen einhergehen.
In der Praxis stellt sich diese Relation Abb. 2: Kraft-Geschwindigkeit-Beziehung für die
Trainingsübung Zug breit im Gewichtheben
bei mehrgelenkigen Bewegungen (P max = maximale Leistung,
als linearer Zusammenhang P = Leistung unter Wettkampfbedingungen,
WK
v grenz = Grenzgeschwindigkeit für gültigen Versuch
dar Abb. 2 .